Andreas Klein mit seiner Pyrotechnikfirma art & fire weiter auf Erfolgskurs, ist stinksauer. Der Germersheimer mit Firmensitz Philippsburg fürchtet, allem internationalen Renommee zum Trotz, um die Existenz. Und bei Erwähnung des Bundesvermögensamtes, bekommt er einen dicken Hals: „Viereinhalb Jahre habe ich in das Gelände gesteckt, das ja unterm Strich nichts wert war und das keiner haben wollte, habe Arbeitsplätze geschaffen, alle möglichen Genehmigungen beschafft und vor Ort sogar Schulungen für die Feuerwehr gemacht. Und dann hebelt mich das Bundesvermögensamt in basarhafter Manier von jetzt auf nachher aus.“
Das „Gelände“ ist die Molzau, eine 210000 Quadratmeter große Waldfläche auf der Gemarkung Philippsburg, westlich der Stadt. Das umzäunte einstige Nato-Gelände hat es in sich: Gebäude von Amerikanern und Bundeswehr samt Wachturm. Vor allem aber zahlreiche Munitionsbunker, die teils auch geeignet waren zum Lagern von atomaren Raketensprengköpfen. Und das unvermeidliche „Restrisiko“, das solchen Arealen eigen ist.
Für einen Pyrotechniker war das praktisch. 17000 Quadratmeter hatte Klein vom Bund gemietet, Geld investiert und dann, nachdem es von den Aufsichtsbehörden nie nennenswerte Beanstandungen gegeben hatte und auch alle Genehmigungen erteilt waren, im Jahr 2000 den Antrag auf unbefristete Genehmigung gestellt. Zwei Jahre später änderte sich die Sachlage dramatisch: Der Bund, dem in Philippsburg auch die vor sich hin gammelnde Salm-Kaserne der einstigen Bundeswehr-Raketen-bataillon-Garnison gehört, wollte nun dringend solche Lasten loswerden. Und nun war nicht mehr von Pachtverlängerung, welche Klein nach seiner Darstellung mündlich auf 20 Jahre zugesagt worden war, sondern vom Kauf der gesamten 210000 Quadratmeter statt besagter 17000 Quadratmeter die Rede. Natürlich zu einem ordentlichen Preis; da musste Klein - mittlerweile auf einem kleinen Areal im jenseitigen Gewerbegebiet ansässig – passen. Im Zweifel, sinniert Klein, müsse er nun halt, weil solche ja nicht beliebig zur Verfügung stehen, selbst für teures Geld Bunker bauen. Wo das geht, steht dahin. Und dann bricht es heraus: „Mit Großen legt sich das Bundesvermögensamt ja nicht an, aber Kleine werden von denen rücksichtslos platt gemacht“
Derzeit hat Klein noch einige Lagermöglichkeiten in der Molzau. Die hat ihm die Familie Köhl aus Karlsruhe eingeräumt. Und damit beginnt das nächste Kapitel. Denn auch die Köhls sind sowohl streitbar gestimmt als auch stinksauer.
Auch Andreas Köhl hat sich der Pyrotechnik verschrieben und lagerte beispielsweise zu Sylvester lastzugweise Böller und Raketen für bekannte deutsche Handelsketten in den Bunkern. Damit der Sohn seine Passion anders als im heimatlichen karlsruher Stadtteil Rintheim unternehmensmäßig umsetzen könnte, hat Rolf Köhl, der ein Ingenieurbüro betreibt, unter erheblichen finanziellen Risiken im April 2003 für immerhin 440000 Euro den Kauf des gesamten einstigen Nato-Geländes ermöglicht.
Die Freude währte kurz: Dass die Stadt Philippsburg, die zuvor zweimal die Rücknahme der Fläche ausgeschlagen hatte, noch eine weitere Option besaß, wurde weder vom Bundesvermögensamt, noch vom Notar den Käufern gegenüber erwähnt. In den Verträgen zwischen Behörde und Käufern steht dazu auch nichts drin. Die Stadt indes macht dieses Vorkaufsrecht unmittelbar vor Ablauf der Frist geltend. Jetzt hängt die Sache beim Verwaltungsgericht: Die sich getäuscht fühlenden Köhls klagten, es folgte Klageerwiderung durch eine von der Stadt Philippsburg beauftragte renommierte Anwaltskanzlei, die vor einiger Zeit noch das Land gegen die Stadt vertrat. Jetzt sind die Köhls wieder mit der Erwiderung auf die Erwiderung am Zug. Es kann also noch dauern, nur investiert werden kann in der Zwischenzeit nicht.
Die von dem Ganzen ebenfalls betroffene Hundepension Brecht, in der man seinen Fiffi während der Urlaubs- oder sonstigen Problemzeiten unterbringen kann, hat an Stelle der Molzau nach längerem Suchen eine neue Möglichkeit im Gewerbegebiet gefunden, bei anstehenden kräftigen Investitionen, wie zu hören ist. Anfangs, erinnert sich Rolf Köhl, habe das Bundesvermögensamt in Karlsruhe ja noch bekundet, die Sache mit durchfechten zu wollen. Nach einem dortigen Zuständigkeitswechsel sei man aber im Regen stehen gelassen worden.
Die Köhls haben sich – die Gründe seien dahin gestellt – mit dem offiziellen Philippsburg von Anfang an schwer getan. Und so machten die Fraktionen von der CDU und der SPD, beide dem Bürgermeister Jürgen Schmidt bekanntlich in herzlicher Feindschaft verbunden, Druck. Dazu muß man wissen, dass im Juni in Philippsburg Bürgermeisterwahl ist und Schmidt, nach längerem Überlegen und unter Abwägen seiner Chancen, nicht mehr antritt. Als Nachfolger kandidiert der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Heinz Kerner, der hauptberuflich beim Bundesrechnungshof tätig ist. Und aus dieser Ecke muß auch das Schmankerl kommen, das die Zukunft der Molzau beschreibt. Eine Art Freizeitpark mit Skaterbahn soll dort – durchaus weitab vom Wohngebiet – entstehen. Finanziert wohl aus den noch vorhandenen Millionen-Rücklagen der Stadt, die, wie der Bürgermeister, der sich gegen den Rückkauf aussprach, anmerkt, ja auch ansonsten über rund 1000 Hektar Wald verfügt. Aber es ist Vorwahlkampf in Philippsburg.
Nun hat die Sache eh ihre Tücken: Das Landschaftsschutzgebiet Molzau gilt als FFH Gelände, das kollidiert möglicherweise mit dem Freizeitversprechen. Zudem: Wird die Gesamtfläche als Waldgelände unter FFH Gesichtspunkten bewertet, wäre ein Rückbau der militärischen Einrichtungen unumgänglich. In Philippsburg hätte man wohl gerne, dass dies der Bund trägt. Ob der das auch so sieht, ist eine ganz andere Frage. Das Wort vom „Danaergeschenk“ kommt dem Außenstehenden in den Sinn.
Am ganzen Durcheinander haben viele und vieles mitgewirkt. Politische Ambitionen und eine seit Jahren mit sich selbst beschäftigte philippsburger Stadtpolitik ebenso wie Partikulärinteressen, etwa des örtlichen Jagdpächters, eines Bauunternehmers, den plötzlich unter anderem „wegen der Rehe“ der über Jahrzehnte nicht beanstandete Zaun um das Gelände störte. Dann eine undurchsichtige Verfahrensweise einer Bundesbehörde sowie das Landratsamt Karlsruhe, von dem sich die Köhls auch nicht gut behandelt fühlen. Ferner ein Gutachten im Auftrag der Stadt, das dem ortskundigen und in Naturschutzdingen nicht ganz unbedarften Leser den Eindruck vermittelt, er sei im falschen Film, unabhängig von der Frage, wie Freizeitaspekte und in der Expertise angeführte Punkte unter ein Dach gebracht werden können.
Vielleicht waren Andreas Klein und die Familie Köhl auch nur blauäugig. Irgendwer zahlt am Ende: die ehemaligen und die aktuellen Investoren sowieso. Und wenn es dann an die Verwirklichung des angedachten Freizeitparadieses geht, auch die Stadt, wohl in mehrfacher Millionenhöhe, wenn der Rückbau an ihr hängen bleiben sollte. Der jetzige Bürgermeister Jürgen Schmidt ist fein raus, denn das ist künftig ja nicht mehr sein Ding. |