12. Juni 2005 - Philippsburg wählt einen neuen Bürgermeister !
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Molzau  
Im Streit ums Munitionsdepot steckt Sprengstoff
Die Stadt Philippsburg übt für das Gelände in der „Molzau“ das Vorkaufsrecht aus / Pyrotechnischer Betrieb will klagen
Erschienen in der BNN Ausgabe Bruchsaler Rundschau Nr. 250 am 27.10.04
Von unserem Redaktionsmitglied Matthias Kuld
Philippsburg. Der Stadt Philippsburg steht ein Rechtsstreit um das frühere amerikanische Munitionslager in der „Molzau“ bevor. Die Pyrotechnikfirma Köhl will gegen die Ausübung des Vorkaufsrechtes seitens der Stadt klagen. Dem Unternehmen wurde das Depot in der Molzau im vergangenen Jahr verkauft. Verkäufer war der Bund, vertreten durch das Bundesvermögensamt in Karlsruhe. Daraufhin beschloss der philippsburger Gemeinderat das durch den Verkauf möglich werdende Vorkaufsrecht auszuüben. Das Recht ist versehen mit der Maßgabe, das Areal dem Wald zurück zu geben und dessen Struktur im Sinne der Naherholung zu verbessern.
Das Bundesvermögensamt widersprach dem Gemeinderatsbeschluss, so dass das Landratsamt gefragt war. Kürzlich kam der Bescheid: Die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist in Ordnung. Doch Andreas Köhl will nicht aufgeben. "Wenn ich aus dem Munitionsdepot raus muss, ist meine Firma kaputt.“ Köhls Unternehmen beschäftigt sich vorrangig mit Feuerwerkskörpern, für die es exakte Lagerungsvorschriften gibt. Die Bunker des Mun-Depots sind dafür ideal geeignet. Dreifach von außen gesichert, dazu 80 Zentimeter starke Betonwände.
Köhls Interessen gegenüber der Stadt kann auf der Schiene des Verwaltungsrechts nur der Bund vertreten, dem er die Übernahme der Anwaltskosten schriftlich zugesagt hat. Doch das Bundesvermögensamt neigte zuletzt nicht zu der Ansicht, eine Chance vor Gericht zu haben. Amtsleiter Klaus Christl betonte allerdings sehr deutlich, dass er „überhaupt nicht glücklich mit der Situation ist“. Schließlich habe die Stadt die Situation im Mun-Depot gekannt und früher nie erwogen, das Areal zu kaufen. Kurz vor Toresschluss, vor Auslaufen der Frist für das Vorkaufsrecht, sei dann überraschend die Nachricht aus Philippsburg gekommen.
Sollte es zur Klage kommen, könnte eine längere Auseinandersetzung anstehen, in der es starre Fronten gibt. Auf der einen Seite Köhl, der nach beträchtlichen Investitionen seinen Betrieb retten will, auf der anderen der philippsburger Gemeinderat, der Köhl im Unterschied zu Bürgermeister Schmidt nicht haben will. „Mit dem uns vorgestellten Konzept sind wir nicht einverstanden gewesen“, sagt beispielsweise Karl-Heinz Kerner, Chef der CDU Fraktion. SPD Kollege Joachim Pöschel betont, dass man immer der Meinung gewesen sei, „wir müssten das Gelände erwerben“.
Aus Sicht des Bürgermeisters stellt sich das etwas anders dar. Er erinnert an eine nichtöffentliche Sitzung des Gemeinderates vom 21. April 1998: Seinerzeit hatte das Gremium keinen Antrag auf Rückenteignung des Geländes des Mun-Depots gestellt – der Bund hatte ehedem, um das Depot zu genehmigen, einst die Stadt enteignet. Statt dessen hatte der Gemeinderat dem Bundesvermögensamt angeboten, die Anlage für eine Mark zu kaufen. Das konnte zum damaligen Zeitpunkt aus Sicht des Bundes kaum als ernst gemeintes Angebot verstanden worden sein.
Ungeachtet dessen haben sowohl Pöschel als auch Kerner keine präzise Erinnerung daran, dass über das Depot schon einmal verhandelt wurde, weshalb der Bürgermeister überrascht ist, dass gegen seine Meinung jetzt die Option „Vorkaufsrecht“ ausgeübt wurde.
Andreas Köhl hatte sich seit einigen Jahren um den Besitz des Bundes bemüht. Im März 2003 kam es zum Kauf, im August bestätigte das Landratsamt auch, dass die Genehmigung des pyrotechnischen Lagers im Mun-Depot von der Vorgängerfirma art & fire auch für Köhl gelte und die Zustimmung der Stadt Philippsburg als „erteilt gelten“ könne.
Was auf der Verwaltungsseite möglicherweise glatt gelaufen wäre, ging auf der politischen Seite nicht gut. Joachim Pöschel: „Für uns ist die Entwicklung von Philippsburg wichtig. Deshalb wollen wir das Areal haben“. Man sei, so der Kommunalpolitiker, willens, das Gelände des Mun-Depots im Sinne des Waldes nachhaltig und ökologisch zu ordnen.
Ihm und dem CDU- Kollegen ist dabei klar, dass die Stadt Geld in die Hand nehmen muss. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist verbunden mit dem Erwerb zum gleichen Preis, wie diesen die Firma Köhl getätigt hat – es geht um knapp eine halbe Million Euro.
Hinzu kommen die Aufwendungen für die Strukturierung des Waldes. Die Bunker sollen demnach gesichert, der Zaun soll entfernt werden – für Joachim Kerner spielen dabei Beträge zunächst keine entscheidende Rolle. Er überlegt vorab, wem diese Kosten aufzuerlegen sind. Andreas Köhl ist sicher, dass es sich um einen enormen Betrag handeln wird: Sicherheitszäune über den Bunkern und der Umstand, dass jeder Pfosten bei ungefähr 5000 Metern Zaun mit einem ölfassgroßen Fundament gesichert ist, verlangen ihren Preis.
„Darauf habe ich den Gemeinderat aufmerksam gemacht“, sagt Bürgermeister Jürgen Schmidt.
Konflikt zwischen Gewerbe, Natur und Freizeitpark
Philippsburg: Ehemaliges Bundeswehrgelände Molzau beschäftigt Politik und Juristen
Erschienen in der „Rheinpfalz“ Nr. 80 am 07.04.05
Von unserem Mitarbeiter Willy Storck
Andreas Klein mit seiner Pyrotechnikfirma art & fire weiter auf Erfolgskurs, ist stinksauer. Der Germersheimer mit Firmensitz Philippsburg fürchtet, allem internationalen Renommee zum Trotz, um die Existenz. Und bei Erwähnung des Bundesvermögensamtes, bekommt er einen dicken Hals: „Viereinhalb Jahre habe ich in das Gelände gesteckt, das ja unterm Strich nichts wert war und das keiner haben wollte, habe Arbeitsplätze geschaffen, alle möglichen Genehmigungen beschafft und vor Ort sogar Schulungen für die Feuerwehr gemacht. Und dann hebelt mich das Bundesvermögensamt in basarhafter Manier von jetzt auf nachher aus.“
Das „Gelände“ ist die Molzau, eine 210000 Quadratmeter große Waldfläche auf der Gemarkung Philippsburg, westlich der Stadt. Das umzäunte einstige Nato-Gelände hat es in sich: Gebäude von Amerikanern und Bundeswehr samt Wachturm. Vor allem aber zahlreiche Munitionsbunker, die teils auch geeignet waren zum Lagern von atomaren Raketensprengköpfen. Und das unvermeidliche „Restrisiko“, das solchen Arealen eigen ist.
Für einen Pyrotechniker war das praktisch. 17000 Quadratmeter hatte Klein vom Bund gemietet, Geld investiert und dann, nachdem es von den Aufsichtsbehörden nie nennenswerte Beanstandungen gegeben hatte und auch alle Genehmigungen erteilt waren, im Jahr 2000 den Antrag auf unbefristete Genehmigung gestellt. Zwei Jahre später änderte sich die Sachlage dramatisch: Der Bund, dem in Philippsburg auch die vor sich hin gammelnde Salm-Kaserne der einstigen Bundeswehr-Raketen-bataillon-Garnison gehört, wollte nun dringend solche Lasten loswerden. Und nun war nicht mehr von Pachtverlängerung, welche Klein nach seiner Darstellung mündlich auf 20 Jahre zugesagt worden war, sondern vom Kauf der gesamten 210000 Quadratmeter statt besagter 17000 Quadratmeter die Rede. Natürlich zu einem ordentlichen Preis; da musste Klein - mittlerweile auf einem kleinen Areal im jenseitigen Gewerbegebiet ansässig – passen. Im Zweifel, sinniert Klein, müsse er nun halt, weil solche ja nicht beliebig zur Verfügung stehen, selbst für teures Geld Bunker bauen. Wo das geht, steht dahin. Und dann bricht es heraus: „Mit Großen legt sich das Bundesvermögensamt ja nicht an, aber Kleine werden von denen rücksichtslos platt gemacht“
Derzeit hat Klein noch einige Lagermöglichkeiten in der Molzau. Die hat ihm die Familie Köhl aus Karlsruhe eingeräumt. Und damit beginnt das nächste Kapitel. Denn auch die Köhls sind sowohl streitbar gestimmt als auch stinksauer.
Auch Andreas Köhl hat sich der Pyrotechnik verschrieben und lagerte beispielsweise zu Sylvester lastzugweise Böller und Raketen für bekannte deutsche Handelsketten in den Bunkern. Damit der Sohn seine Passion anders als im heimatlichen karlsruher Stadtteil Rintheim unternehmensmäßig umsetzen könnte, hat Rolf Köhl, der ein Ingenieurbüro betreibt, unter erheblichen finanziellen Risiken im April 2003 für immerhin 440000 Euro den Kauf des gesamten einstigen Nato-Geländes ermöglicht.
Die Freude währte kurz: Dass die Stadt Philippsburg, die zuvor zweimal die Rücknahme der Fläche ausgeschlagen hatte, noch eine weitere Option besaß, wurde weder vom Bundesvermögensamt, noch vom Notar den Käufern gegenüber erwähnt. In den Verträgen zwischen Behörde und Käufern steht dazu auch nichts drin. Die Stadt indes macht dieses Vorkaufsrecht unmittelbar vor Ablauf der Frist geltend. Jetzt hängt die Sache beim Verwaltungsgericht: Die sich getäuscht fühlenden Köhls klagten, es folgte Klageerwiderung durch eine von der Stadt Philippsburg beauftragte renommierte Anwaltskanzlei, die vor einiger Zeit noch das Land gegen die Stadt vertrat. Jetzt sind die Köhls wieder mit der Erwiderung auf die Erwiderung am Zug. Es kann also noch dauern, nur investiert werden kann in der Zwischenzeit nicht.
Die von dem Ganzen ebenfalls betroffene Hundepension Brecht, in der man seinen Fiffi während der Urlaubs- oder sonstigen Problemzeiten unterbringen kann, hat an Stelle der Molzau nach längerem Suchen eine neue Möglichkeit im Gewerbegebiet gefunden, bei anstehenden kräftigen Investitionen, wie zu hören ist. Anfangs, erinnert sich Rolf Köhl, habe das Bundesvermögensamt in Karlsruhe ja noch bekundet, die Sache mit durchfechten zu wollen. Nach einem dortigen Zuständigkeitswechsel sei man aber im Regen stehen gelassen worden.
Die Köhls haben sich – die Gründe seien dahin gestellt – mit dem offiziellen Philippsburg von Anfang an schwer getan. Und so machten die Fraktionen von der CDU und der SPD, beide dem Bürgermeister Jürgen Schmidt bekanntlich in herzlicher Feindschaft verbunden, Druck. Dazu muß man wissen, dass im Juni in Philippsburg Bürgermeisterwahl ist und Schmidt, nach längerem Überlegen und unter Abwägen seiner Chancen, nicht mehr antritt. Als Nachfolger kandidiert der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Heinz Kerner, der hauptberuflich beim Bundesrechnungshof tätig ist. Und aus dieser Ecke muß auch das Schmankerl kommen, das die Zukunft der Molzau beschreibt. Eine Art Freizeitpark mit Skaterbahn soll dort – durchaus weitab vom Wohngebiet – entstehen. Finanziert wohl aus den noch vorhandenen Millionen-Rücklagen der Stadt, die, wie der Bürgermeister, der sich gegen den Rückkauf aussprach, anmerkt, ja auch ansonsten über rund 1000 Hektar Wald verfügt. Aber es ist Vorwahlkampf in Philippsburg.
Nun hat die Sache eh ihre Tücken: Das Landschaftsschutzgebiet Molzau gilt als FFH Gelände, das kollidiert möglicherweise mit dem Freizeitversprechen. Zudem: Wird die Gesamtfläche als Waldgelände unter FFH Gesichtspunkten bewertet, wäre ein Rückbau der militärischen Einrichtungen unumgänglich. In Philippsburg hätte man wohl gerne, dass dies der Bund trägt. Ob der das auch so sieht, ist eine ganz andere Frage. Das Wort vom „Danaergeschenk“ kommt dem Außenstehenden in den Sinn.
Am ganzen Durcheinander haben viele und vieles mitgewirkt. Politische Ambitionen und eine seit Jahren mit sich selbst beschäftigte philippsburger Stadtpolitik ebenso wie Partikulärinteressen, etwa des örtlichen Jagdpächters, eines Bauunternehmers, den plötzlich unter anderem „wegen der Rehe“ der über Jahrzehnte nicht beanstandete Zaun um das Gelände störte. Dann eine undurchsichtige Verfahrensweise einer Bundesbehörde sowie das Landratsamt Karlsruhe, von dem sich die Köhls auch nicht gut behandelt fühlen. Ferner ein Gutachten im Auftrag der Stadt, das dem ortskundigen und in Naturschutzdingen nicht ganz unbedarften Leser den Eindruck vermittelt, er sei im falschen Film, unabhängig von der Frage, wie Freizeitaspekte und in der Expertise angeführte Punkte unter ein Dach gebracht werden können.
Vielleicht waren Andreas Klein und die Familie Köhl auch nur blauäugig. Irgendwer zahlt am Ende: die ehemaligen und die aktuellen Investoren sowieso. Und wenn es dann an die Verwirklichung des angedachten Freizeitparadieses geht, auch die Stadt, wohl in mehrfacher Millionenhöhe, wenn der Rückbau an ihr hängen bleiben sollte. Der jetzige Bürgermeister Jürgen Schmidt ist fein raus, denn das ist künftig ja nicht mehr sein Ding.
Kommentar
Nix Mache mit Bund!
Erschienen in der „Rheinpfalz“ Nr. 80 am 07.04.05
von Willy Storck
Man nehme: Kleinunternehmer, die dummerweise noch an den Grundsatz von Treu und Glauben glauben. Eine offenbar mit Vorsicht zu genießende Bundesbehörde, ehrgeizige beziehungsweise abnickende Kommunalpolitiker. Dazu eine Prise Privatinteressen im Hintergrund, eine Dosis selbst dem Laien merkwürdig vorkommender Gutachten sowie als Abschmeckgewürz einen nahenden Bürgermeisterwahlkampf. Dann rühre man um und heraus kommt „Philippsburg Molzau“
Unlängst berichtete ein ARD Magazin über einen Mann aus Nordrhein-Westfalen, der seinenTraum von einer neuen Heimat an der Nordsee verwirklichen wollte und vom Bund ein Grundstück mit Gewässer im Kreis Cuxhaven kaufte. Leider wurde ihm nicht gesagt, dass dort noch jede Menge hochexplosiver Altmunition lagert. Die wird jetzt auch entsorgt und zwar auf seine Kosten, während er das eigene Gelände gar nicht mehr betreten kann. Der Mann ist pleite.
Da sind die Betroffenen in Philippsburg ja vorerst noch gut dran, denn die Geländesanierung zu ihren Lasten hat man ihnen noch nicht angedroht. Es ist dies schon ein seltsames Land, in dem man für jede Baumfällung eine Genehmigung braucht, andererseits aber alles untergebuttert wird, wenn „gewisse Interessen“ ins Spiel kommen.
Die Molzau in Philippsburg ist ja kein Märchenwald. Da spielt sich real was ab. Deshalb die szenegemäße Warnung: „Du nix mache Geschäft mit Bund und du auch nix vertraue inne Verwaltung“